Ein Adriatief brachte im Juli 2014 intensive Niederschläge und Hochwasser

Hochwasser im Juli 2014 an der Windauer Ache
Foto: Amt der Tiroler Landesregierung

Eine komplexe Wettersituation überraschte mit intensiven Rekordniederschlägen. Es kam lokal zu großen Schäden, vieles konnte aber auch verhindert werden.

Eine komplexe meteorologische Situation

Ein Tiefdruckkeil der sich von Skandinavien bis zu den Alpen erstreckte, war der Auslöser einer Gewitterfront die am 30. Juli 2014 vor allem im Osten Österreich zu Unwettern mit intensiven und für konvektive Verhältnisse relativ großflächigen Niederschlägen führte. Am stärksten betroffen waren vorerst das Burgenland und das südliche Niederösterreich. Zusätzlich bildete sich ab Dienstag, den 29. Juli 2014 ein isoliertes Adriatief, das sein Zentrum langsam nach Südosten verlagerte, feuchte Luft von Nordosten an die Alpennordseite führte und  auch in Tirol, Salzburg und in Oberösterreich eine Hochwassersituation auslöste. Mit der Verschiebung des Adriatiefs weiter nach Südosteuropa, verlagerte sich der Schwerpunkt der Niederschläge am 31. Juli bis 1. August 2014 wieder nach Ober- und Niederösterreich, jedoch mit geringerer Intensität.

Intensive, großflächige Starkniederschläge im Osten

Durch einen Zusammenschluss mehrere Gewitterzellen kam es im mittleren und nördlichen Burgenland am 30. Juli nachmittags zu einem relativ großflächigen Starkniederschlagsereignis. Das Gebiet rund um den Neusiedler See war davon am stärksten betroffen. An der Messstelle Podersdorf wurde in 6 Stunden 158 mm gemessen, eine Niederschlagsmenge die statistisch gesehen nur einmal in hundert Jahren in so kurzer Zeit am Punkt vorkommen kann.

Diese Regenmengen in so kurzer Zeit, konnten im Seewinkel nicht über die Vorfluter und Kanalsysteme abfließen, was zu flächenhaften Überschwemmungen und zu Überflutungen von zahlreichen Kellern führte und den Verkehr beeinträchtigte.

Der Abfluss am Golser Kanal - mündet in den Neusiedler See - stieg auf ein HQ30 Ereignis, die Hauptstraße von Neusiedl war 50 cm hoch überflutet.

Die Tatsache, dass der intensive Niederschlag dieses Ereignisses nicht 20 km weiter westlich in den Quellgebieten der Rabnitz niederging, war Glück im Unglück und verhinderte wahrscheinlich deutlich höheren Hochwasserschaden in den Einzugsgebieten der Gewässer im mittleren und nördlichen Burgenland. Die Hochwasserspitzen an den Pegeln im Einzugsgebiet der Rabnitz erreichten demnach in den Oberläufen nur eine 1- bis 5-jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit.

Überraschend und schwer vorhersehbar

Aber nicht nur im Burgenland hat es vom 30. bis 31. Juli deutlich mehr geregnet, als vorhergesagt. Im Tiroler Unterland waren es 90 bis 160 mm in 2 Tagen, speziell im Einzugsgebiet der Brixentaler Ache bis zu 160 mm. In Vorarlberg wurde in Ebnit vom 30. Juli 15:00 Uhr bis 31. Juli 09:00 Uhr 102,7 mm und an anderen Messstellen zwischen 30 und 80 mm beobachtet. In Salzburg waren es im Saalach- und Salzach-Einzugsgebiet flächendeckend 80 bis 100 mm.

Diese Niederschlagsmenge war in den Prognosen der ZAMG weder für diese Region, noch in dieser Größenordnung enthalten.

Regionale Hochwasserereignisse wurden erwartet, betroffen hat es letztendlich viele Gewässer

Die Fließgewässer reagierten auf die Niederschläge auch auf Grund der Vorbefeuchtung mit einem deutlichen Anstieg der Wasserführung. Besonders betroffen mit Hochwasserscheiteln der Größenordnung zwischen 10-jährlichen und bis zu nahezu 100-jährlichen Ereignissen waren folgende Gebiete:

  • der Golser Kanal, vor allem im Seewinkel konnte die Niederschlagsmenge nicht die Vorfluter erreichen und überflutete flächig ganze Siedlungsgebiete,
  • im Tiroler Unterland das Brixental (Hochwasserscheitel bis zu HQ100) und die benachbarte Weißache (HQ10 bis HQ30),
  • das obere Isel-Einzugsgebiet mit Tauernbach und Isel,
  • das Salzacheinzugsgebiet, vor allem der Oberpinzgau (Salzach und die südlichen Zubringer zur Salzach, die Tauernachen), ein Niederschlagsschwerpunkt lag im Bereich der Hohen Tauern zwischen Zillertaler Hauptkamm bis zum Großglockner, am Pinzgauer Obersulzbach wurde ein 100-jährliches Ereignis erreicht, die Salzach selbst stieg in Mittersill - wie beim  Katastrophen-Hochwasser vom 12. Juli 2005 - auf ein circa 50-jährliches Ereignis. Dank des funktionierenden Hochwasserschutzes kam es zu deutlich geringeren Schäden als im Jahr 2005. Außerhalb von Mittersill kam es im Oberpinzgau zu zahlreichen Überflutungen und Schäden an Brücken und Straßen,
  • das Saalacheinzugsgebiet.

Österreichweit wurden vielfach Abflüsse im Bereich von HQ1 bis HQ5 erreicht

  • Vorarlberg: Dornbirnerach (Pegel Enz), Bregenzerach (Pegel Mellau), nördlicher Bregenzerwald: Pegel Kälberweide, Ill (Pegel Gisingen)
  • Tirol: Lech, Loisach, Isar, Leutascher Ache, Gurglbach, Ziller, Inn ab Brixlegg; Großachengebiet
  • Oberösterreich: Inn in Schärding (circa HQ5), Krems (Kirchdorf), Almbach, Vöckla, Ischl
  • Burgenland: Rabnitz, Güns (Rattersdorf auch >5), Strem
  • Niederösterreich: Kirchschlag/Zöbernbach, Obermallebarn/Göllersbach, Lainsitz, Pulkau
  • Entlang der gesamten österreichischen Donau wurde ein etwa 1-jährlicher Hochwasserabfluss beobachtet
  • Der Inn hatte Tirol in etwa mit einem 1- bis 5-jährlichen Hochwasser verlassen. Auf Grund der Niederschläge in den bayerischen Einzugsgebieten führten die Zubringer zum Inn ebenfalls Hochwasser. Der Hochwasserscheitel des Inn in Schärding lag etwa im Bereich eines 5-jährlichen Ereignisses.

Eine Übersicht der Auftrittswahrscheinlichkeiten an den vom Hochwasser betroffenen Gewässern, zeigt das Bild 2 dieses Artikels.

Mit dem Abzug des Adriatiefs verschoben sich die Niederschläge wieder in den Osten

Auf Grund der Verlagerung des Niederschlagsschwerpunktes vom 31. Juli auf den 1. August 2014 zu den Staulagen Ober- und Niederösterreichs stiegen die Pegel auch an kleineren Fließgewässern teilweise über die Hochwassermarken an, in Oberösterreich zum Beispiel an Ischl, Vöckla, am Almbach oder der oberösterreichischen Krems.

In Niederösterreich regnete es vor allem im südwestlichen Bergland in den Einzugsgebieten von Ybbs, Erlauf und Pielach (circa 60 bis 80 mm Niederschlag) sowie im Waldviertel und Weinviertel. Hochwassergrenzen wurden nur vereinzelt überschritten. Höhere Abflüsse wurden im Wechselgebiet im Zusammenhang mit den Gewittern am 30. Juli 2014 beobachtet.

Die Hochwassersituation beruhigte sich, die Wetterlage blieb labil und gewitteranfällig

Im Laufe des 1. August 2014 hatten die Niederschläge auch in Ostösterreich nachgelassen und damit die Hochwasserlage entspannt. Die labile Wetterlage blieb jedoch bis zum 4. August bestehen und ließ immer wieder heftige Gewitter mit intensiven Starkregen entstehen.

Bemerkenswert waren die sehr hohen Niederschlagsintensitäten von 20 bis 40 mm/h, die trotz lokal begrenzter Gewitter an einigen Messstellen beobachtet werden konnten.

Auf Grund der hohen Vorbefeuchtung kam es wieder zu lokalen Überflutungen und zahlreichen Murenabgängen. Kleine Bäche führten Hochwasser, aber auch die größeren Fließgewässer erreichten abermals die Hochwassermarken. Es ereigneten sich zahlreiche Murenabgänge und Hangrutschungen.

Betroffen waren davon die folgenden Gebiete:

Vom 1. auf den 2. August 2014:

  • Tirol: Bruckhäusl/Brixentaler Ache >HQ1, Unterwindau/Windauer Ache circa HQ1
  • Salzburg: Besonders betroffen war der Pongau. Murenabgang in Hüttau und Hochwasser am Fritzbach, sogar die Enns in Altenmarkt übertraf ein HQ1
  • Steiermark: In Schladming blieb die Enns wenig unterhalb der Hochwassermarke (HQ1)

Vom 3. auf den 4. August 2014:

  • Vorarlberg: Im nördlichen Bregenzerwald fielen erneut circa 70 mm Niederschlag, der Pegel Kälberweide/Leckenbach stieg auf ein HQ1-5
  • Tirol: Brixen/Brixentaler Ache: >HQ30 (hohe Vorbefeuchtung!); Hörbrunn/Kelchsauer Ache HQ1, Bruckhäusl/Brixentaler Ache >HQ1, Kirchberg i.T./Aschauer Ache HQ1-5
  • Salzburg: Intensive Niederschläge mit 60 bis 100 Litern/m² führten im Flach- und Tennengau zu zahlreichen Überflutungen an kleineren Gewässern, aber auch größere Bäche wie Lammer, Aubach, Almbach, Taugl und Fischach stiegen durch die intensiven Niederschläge rasch an: Adnet/Almbach: HQ20, in Salzburg stieg die Salzach über Meldegrenze (HQ1) an, in Oberndorf blieb sie kurz unter der Meldegrenze
  • Oberösterreich: zahlreiche lokale Unwetter mit Überflutungen vor allem im Innviertel und im Seengebiet; an den Pegeln St. Lorenz/Griesler Ache und Mamling/Mühlheimer Ache lagen die Abflussspitzen über HQ2
  • Niederösterreich: Punktuell regnete es mehr als 50 mm, im Bergland, im Wald- und Weinviertel circa 20 bis 45 mm; Hochwasserspitzen wurden an der Triesting mit HQ1-5, am Ramsaubach (EG Gölsen) mit mehr als HQ5 oder in Frauenhofen an der Taffa mit circa HQ2 beobachtet.

Anmerkung zur Auftrittswahrscheinlichkeit

In der Hydrografie wird die Größe eines Abflusses sehr oft mit der statistischen Wiederkehrzeit Tn (Jährlichkeit) angegeben. Diese Kenngröße ist das Ergebnis extremwertstatistischer Berechnungen, für die Beobachtungen der Hochwasser möglichst langer Beobachtungszeiträume verwendet werden. Um ein aktuelles Hochwasserereignis zu bewerten und einen Anhaltspunkt zu geben, wie oft damit zu rechnen ist, werden im folgenden Text die noch ungeprüften Abflussspitzen dieses Ereignisses, mit der theoretischen Kenngröße der statistischen Verteilungsfunktion angegeben.

Um eine Vorstellung zu haben, welche Schadenswirkung ein HQ Ereignis haben kann, gilt in Österreich ganz allgemein folgende Einteilung:

HQ1-HQ30

erste Ausuferungen, Überschwemmungen vorwiegend in landwirtschaftlichen Bereichen

HQ30-HQ50

großflächige Ausuferungen, Siedlungsgebiete betroffen

>HQ50

Siedlungsgebiete und Infrastruktur betroffen

Informationen zur aktuellen Niederschlags- und Abflusssituation gibt es auf eHYD, der Informationsplattform der Hydrografie Österreichs.