Riesen von Aspern

große Radieschen
Foto: Martin Melkowitsch

Traditionelle Kultivierung von Radieschen der seltenen Sorte „Riesen von Aspern“ im geschützten Anbau in Wien.

Registernummer: 198

Offenlegungsdatum

Bereits 1900 sind die „Riesen von Aspern“ in Samenkatalogen mit ihrer damaligen Bezeichnung die „kaminroten“ angeführt.

Titel

Riesen von Aspern

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Kultivierung von Radieschen (Raphanus sativus) der seltenen Sorte „Riesen von Aspern“ im geschützten Anbau.
Die alte, lokale Wiener Gemüsesorte „Riesen von Aspern“ zeichnet sich durch ihre leuchtend rote Knolle und ihr weißes, knackiges Fruchtfleisch aus, das äußerst widerstandsfähig gegen Pelzigkeit ist. Das Radieschen aus Aspern ist unregelmäßig geformt und im Geschmack dezent scharf und pikant.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Wurzel- und Knollengemüse, Gemüse

Name der Region

Wien, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

HBLFA Gartenbau Schönbrunn

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Bauern Gärtner in Wien und ganz Österreich

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Gemüseanbau in Wien:

Seit dem 15. Jahrhundert ist urkundlich ein Erwerbsgemüsebau in Wien und der unmittelbaren Umgebung nachgewiesen.

Meist waren es Bauernsöhne aus dem Waldviertel, die nach Wien zogen und, unter schwierigsten Bedingungen und gestützt auf sehr bescheidene finanzielle Mittel, mit dem Gemüseanbau begannen.

Durch die Ausbreitung der Stadtgebiete seit dem 19. Jahrhundert verdrängten Siedlungs- und Industriebauten zahlreiche Gemüseanbauflächen. So gingen die Gemüseanbauflächen in den Wiener Bezirken Simmering und Kagran zurück und die Gemüseanbauflächen im Marchfeld (Niederösterreich) wuchsen.

Vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich (1938) wurde der Gemüsebau als ein nebensächlicher Zweig der Wirtschaft gesehen. Mit dem Anschluss setzte für den Gemüsebau von Wien und Niederdonau (frühere Bezeichnung für das heutige Bundesland Niederösterreich) eine Wende ein. Es kam zu einer Änderung der Ernährungsgewohnheiten mit einer stärkeren Bevorzugung der pflanzlichen vor den tierischen Nahrungsmitteln.

Der Gemüseverbrauch stieg um das Drei- bis Fünffache. Dies führte zu einer empfindsamen Verschlechterung der Gemüseversorgung. Um dieser entgegenzuwirken wurden die Gemüseanbauflächen in und rund um Wien vergrößert.

1930 wurde die „Gemüseverkaufs-Genossenschaft von Wiener Gärtnern“ gegründet.

1933 wurde die Vereinigung „Wiener Gärtner - Landesgartenbauvereinigung Wien“, eine freiwillige Berufsvereinigung des Wiener Erwerbgartenbaues gegründet, die 1939 wieder aufgelöst wurde. Es wurden in mehreren Wiener Gemeindebezirken Gemüseanlieferungsplätze erreichtet, die zusammen die BAST Wien (Bezirksabgabestellen) darstellten.

1946 erfolgte die Errichtung der „Landwirtschaftliche Gemüse- und Obst-Verwertungsgenossenschaft für Wien und Umgebung.

Radieschen allgemein:

Als Heimat des Radieschens wird der asiatische Raum, im Besonderen der Nahe Osten oder China vermutet. Schon den alten Ägyptern und Griechen waren sie bekannt. Auch in alten chinesischen und japanischen Ziergärten wurde das Radieschen angebaut. In Europa sind radieschenartige Formen erstmals aus dem 16. Jahrhundert in Frankreich bekannt, von wo aus sie sich in ganz Europa ausbreiteten.

Radieschenanbau:

Nach Erzählungen werden die „Riesen von Aspern“ seit mehr als 100 Jahren in Wien kultiviert. Damals waren für den österreichischen Radieschenanbau traditionell die großknolligen Sorten typisch.

In alten Samenkatalogen aus dem Jahre 1900 sind bereits die beiden Hauptformen des Wiener Radieschens die „scharlachrothen“ (heutige „Wiener Rotes Treib“) und die „kaminroten“ (heutige „Riesen von Aspern“) erwähnt.

1915 beschreibt der Züchter Tschermak das „Wiener Radies“ als eine der charakteristischen lokalen Wiener Gemüsesorten, deren Züchtung besondere Aufmerksamkeit verlangt.

Erich Göttfried (Firma Austrosaat) zufolge wurde die Sorte „Riesen von Aspern“ 1939/40 erstmals in der Reichssortenliste eingetragen.

Seit 1951 ist die Sorte in der österreichischen Sortenliste eingetragen.

Die Sorte „Riesen von Aspern“ wurde in die österreichische Liste für „Seltene landwirtschaftliche Kulturpflanzen“ (SLK) aufgenommen und durch ÖPUL-Maßnahmen gefördert.

Die Anbaufläche von Radieschen erstreckt sich in Wien auf über 2,5 Hektar. Radieschen werden auch unter biologischen Richtlinien produziert.

Gebiet/Region:

Die Region Wien liegt auf einer Seehöhe zwischen 151 Meter (Lobau) bis 542 Meter (Hermannskogel) und ist Bundeshauptstadt sowie eines der neun Bundesländer Österreichs zugleich. Die Stadt Wien liegt zwischen den nordöstlichen Ausläufern der Alpen, im nordwestlichen Bereich des Wiener Beckens. Der Osten der Stadt ist geprägt von den flachen Gebieten, die der Landwirtschaft dienen, aber zunehmend verbaut werden.

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche inklusive Acker-, Weinbau- und Gartenbau in Wien beträgt ca. 6.300 Hektar (14 Prozent der Gesamtfläche Wiens) laut Landwirtschaftsbericht 2022. Davon entfallen fast 4800 Hektar auf den Ackerbau, ca. 230 Hektar auf den Gartenbau und ca. 590 Hektar auf den Weinbau. Rund 450 Betriebe sind in der Landwirtschaft tätig. Die Hauptproduktionssparte des Wiener Gartenbaus ist der Gemüsebau auf ca. 200 Hektar.

Boden- und Klimaverhältnisse:

Der Untergrund der Stadt Wien wird von verschiedenen geologischen Landschaften gebildet: Schotter und Sande der eiszeitlichen und der jetzigen Donau (Quartäre Lockersedimente), Lockergesteine (Tertiäre Lockersedimente des Wiener Beckens) und Festgesteine der Flyschzone und der Kalkalpen im westlichen Wienerwaldgebiet. In der fruchtbaren Lösslandschaft des Wiener Beckens haben sich tiefgründige Schwarzerden entwickelt.

Wien ist geprägt durch Übergangsklima mit ozeanischen Einflüssen aus dem Westen und kontinentalen Einflüssen aus dem Osten. Dies macht sich im Jahresvergleich durch meist stark schwankende Messergebnisse bemerkbar. Insgesamt hat Wien meist nur geringere Niederschlagsmengen und längere Trockenperioden zu verzeichnen. Die Winter sind im Vergleich zu anderen Teilen Österreichs eher mild. Die mittlere Lufttemperatur beträgt im Stadtzentrum durchschnittlich 11,4 Grad Celsius, in den Außenbezirken 10,2 Grad Celsius. Die mittlere Niederschlagsmenge liegt bei rund 600 Millimeter, wobei im Westen der Stadt im Durchschnitt 741,5 Millimeter gemessen werden im Osten hingegen nur 514,5 Millimeter. 60 Sommertagen stehen rund 70 Frosttage gegenüber. Da die Riesen von Aspern heute in geschützten Kulturen erzeugt werden, sind die allgemeinen Boden- und Klimabedingungen nicht mehr so relevant wie früher.

Riesen von Aspern:

Das Radieschen (Raphanus sativus subsp. sativus) ist ein Wurzelgemüse aus der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae). Der Name leitet sich vom Lateinischen Begriff „Radix“ für Wurzel ab.

Über die Herkunft des Namens „Riesen von Aspern“ gibt es nur mündliche Überlieferungen. Gärtner aus dem Gebiet rund um Aspern haben sich besonders auf die Selektion von größer wachsenden Radieschen mit homogenem, weißem Fruchtfleisch für die regionalen Märkte spezialisiert, woraus sich die Bezeichnung „Riesen von Aspern“ abgeleitet haben sein soll.

Sortenbeschreibung:

„Riesen von Aspern“ sind großknollige Radieschen. Im Gegensatz zu anderen großknolligen Radieschen, sind sie relativ robust und neigen kaum zum Aufplatzen und zur Pelzigkeit (Hohlwerden).

Die „Riesen von Aspern“ zeichnen sich durch ihre leuchtend rote Knolle und ihr weißes, knackiges Fruchtfleisch aus, das äußerst widerstandsfähig gegen Pelzigkeit (Hohlwerden) ist. Der Durchmesser der kugelrunden Knollen beträgt durchschnittlich 4,0 bis 4,5 Zentimeter, bei manchen Selektionen sogar bis 6,0 Zentimeter. Im Gegensatz zu kleineren Sorten sind die Radieschen aus Aspern nicht immer regelmäßig geformt. Ihr Geschmack ist dezent scharf und pikant. Die Qualität des Radieschens ist besonders gut, wenn es saftig und leicht scharf schmeckt.

Methode der Produktion:

Die „Riesen von Aspern“ werden im geschützten Anbau, sowohl in Gewächshäusern als auch in Folientunneln produziert. Sie zeichnen sich durch schnelles Wachstum aus.

Saatgut:

Als Saatgut werden von den Gärtnern selbst vermehrte und geerntete Samen verwendet, was im Erwerbsanbau heute eine Seltenheit darstellt. Die Aussaat erfolgt Anfang Jänner.

Bewässerung, Düngung:

Bei Radieschenkulturen ist eine Düngung in den meisten Fällen nicht notwendig. Es wird nach Bedarf mit kompostiertem Stallmist von den eigenen Bauernhöfen gedüngt.

Ernte und Lagerung:

Radieschen werden ab Anfang März geerntet.

Der jährliche Ertrag in Wien beträgt in etwa 280 Tonnen Radieschen.

Ernährungsaspekte von Radieschen:

Generell sind Radieschen reich an Kalium, Vitamin C, Folsäure sowie antibiotisch wirkenden Senfölen. Diese wirken appetitanregend und fördern die Sekretion der Verdauungssäfte. Radieschen gelten bei Leber- und Gallenerkrankungen sowie Gicht und Gelenksrheumatismus als empfehlenswert.

Ursprungsnachweis:

Die „Riesen aus Aspern“ sind mit einem speziellen Anhänger gekennzeichnet, der ihre Herkunft ausweist.

Vermarktung:

Die „Riesen von Aspern“ sind nur saisonal ab Anfang März für 4 bis 5 Wochen im Jahr erhältlich.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen

Die Erzeugung von Riesen von Aspern ist das Ergebnis des Traditionellen Wissens und der Erfahrung der Gemüsebauern (Anpassung der Produktionsmethode an die Gegebenheiten der Umwelt, Auswahl des Saatguts, Ernteverfahren und Lagerungstechniken) und der Erfahrung der Einzelverkäufer in der Vermarktung.

Verwertung:

Die Radieschen werden in Streifen aufgeschnitten oder geraspelt als Rohkost verzehrt. Sie können auch Salaten beigemischt werden oder als Brotauflage dienen.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Wien, Aspern, Gemüse, Wurzelgemüse, Radieschen, Riesen von Aspern

Bibliographie/Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 14. Mai 2023

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

HBLFA für Gartenbau

DI Wolfgang Palme

Autorin

Mag.a Doris Reinthaler  überarbeitet von DI Wolfgang Palme