Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel Graurind

Nationalpark Neusiedler See Steppenrind
Foto: Nationalpark Neusiedler See / S. Freiler

Graurind, Ungarisches Steppenrind, Ungarisches, Szilaj, Bos primigenius taurus Rasseschlüssel 53 UST

Registernummer: 26

Offenlegungsdatum

Das Ungarische Steppenrind (Ungarisches Graurind) kam wahrscheinlich im 9. Jahrhundert im Zuge der Einwanderung der Magyaren aus dem Osten in das Ungarische Tiefland.

Titel

Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel Graurind

Kurzdarstellung oder Behauptung

Die Viehwirtschaft hat im Seewinkel eine lange Tradition. Sie kommt heutzutage nicht nur seltenen Haustierrassen zugute, sondern bewahrt eine einzigartige Steppenlandschaft und deren Biodiversität.

Die extensive Haltung von Graurindern und ein effizientes Naturraummanagement leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft.

Bio-Fleisch vom Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel Graurind ist fest, kurzfasrig, leicht durchzogen und hat einen geringen Fettanteil. Es zeichnet sich durch einen exzellenten Geschmack aus.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Rindfleisch, Fleischprodukte

Name der Region

Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel
Nationalparkverwaltung

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel
Nationalparkverwaltung

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Vom 14. Jahrhundert bis zum 19. Jahrhundert war das langhornige Graue Steppenrind, welches als das Nationalrind Ungarns angesehen wird, die bevorzugte Rasse in Ungarn und wurde für sein exzellentes Fleisch weit über sein Verbreitungsgebiet hinaus geschätzt. Herden mit mehr als 1.000 Tieren wurden zu Märkten nach Wien oder in andere Teile Österreichs, nach Deutschland, Mähren und Italien getrieben. So wurden zwischen 1549 und 1551 200.000 dieser Rinder nach Wien gebracht, 43.620 im Jahre 1650.

Jahrhundertelang waren Schaf-, Pferde-, Schweine- und vor allem Rinderherden im Seewinkel nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern auch ausschlaggebend für die Entwicklung und Erhaltung des lokalen Lebensraumes Hutweide (Puszta, Salzsteppe). Zwischen den nach Gregori (12. März) und Michaeli (29. September) benannten Tagen wurden die Herden traditionell in der Früh auf die Weiden getrieben.

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Ungarischen Steppenrinder (Ochsen) auch als Arbeitstiere vor allem auf den Gutshöfen im damaligen Ungarn, aber seit 1921 im österreichischen Bundesland Burgenland, genutzt.

Die Umstellungen in Landwirtschaft und Viehzucht hatten ein fast vollständiges Aussterben dieser Rasse zur Folge. Nach dem 2. Weltkrieg bestand die Population nur mehr aus sechs Stieren und 187 Kühen.

Durch zunehmende Mechanisierung in der Landwirtschaft nahm die Bewirtschaftung der Weiden rund um den Neusiedlersee ab. Als Folge davon wuchsen die Flächen zu und eine Vielzahl an bedrohten Pflanzen- und Vogelarten verschwand.

Dank der Bemühungen des Ungarischen Umweltschutzprogramms für bedrohte Haustiere wurde die Rasse vor dem Aussterben bewahrt.

Ab Mitte der 1980er Jahre, als wertvolle Lebensräume durch deren Nicht-Nutzung verloren zu gehen drohten, wurde mit der Beweidung im Sinne des Naturschutzes begonnen.

Die Wiedereinführung der Beweidung nach den Vorgaben der Biologischen Landwirtschaft stellt ein wichtigstes Instrument des Landschaftsmanagements dar, da dadurch das Aufkommen von Schilf, Ölweiden (Elaeagnus angustifolia) und anderen Sträuchern verhindert wird und die ursprüngliche Steppenlandschaft bewahrt wird.

1993 wurde der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel gegründet.

Heute weiden etwa 200 Graurinder im österreichischen Teil des grenzüberschreitenden Naturraums des Nationalparks Neusiedler See – Seewinkel.

Gebiet/Region:

Der grenzenlose See umrahmt vom Schilfgürtel, ausgedehnten Wiesen und Weideflächen und Salzlacken wurde schon früh als einzigartiger Naturraum erkannt. Bereits in der Zwischenkriegszeit begann man erste Schutzgebiete auszuweisen. Im Jahr 1993 wurde schließlich der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel gegründet. Der grenzüberschreitende Nationalpark erstreckt sich mit über 300 Quadratkilomeeter über österreichisches und ungarisches Staatsgebiet.

Die IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) als weltweite Dachorganisation aller Staaten und international agierenden Naturschutzorganisationen legt die Kriterien für Nationalparke fest und definiert einen Nationalpark als Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz von Ökosystemen und zu Erholungszwecken verwaltet wird. Für einen Nationalpark besteht daher die Verpflichtung, wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere aktiv durch verschiedene Pflegemaßnahmen zu erhalten, mit wissenschaftlicher Forschung als Grundlage zu begleiten und das Naturerlebnis für Besucher:innen mit einem Wegenetz, der nötigen Infrastruktur, Informationseinrichtungen und zielgruppenspezifischen Programmen aufzubereiten.

Lebensraum:

Beweidung seenaher Wiesenflächen südlich von Illmitz und Apetlon sowie im Bereich der Südlichen Seekoppel mit Graurindern und Wasserbüffeln.

Klima:

Es herrscht pannonisches, also leicht kontinental geprägtes Klima. Die Region gilt mit einem Temperaturmittel von mindestens 10 Grad Celsius und durchschnittlich 61 Sommertagen mit Temperaturen über 25 Grad Celsius als die wärmste Österreichs.

Temperaturen zwischen 40 Grad Celsius im Sommer und -20 Grad Celsius im Winter sowie eine durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge von lediglich 600 Millimeter unterscheidet den Seewinkel auch klimatisch stark vom restlichen Österreich.

Das Ostufer des Neusiedler Sees zählt zu den windreichsten Gebieten im europäischen Binnenland.

Flora und Fauna:

Als Steppensee liegt der Neusiedler See zwischen den letzten, östlichsten Ausläufern der Alpen im Westen und dem westlichsten Teil der Kleinen Ungarischen Tiefebene, dem Seewinkel, im Osten. Aus biologischer Sicht ist das Neusiedler See - Gebiet ein Grenzraum, geprägt von verschiedenen Einflüssen und einer hohen Artenvielfalt.

Der Seewinkel ist ein Mosaik aus verschiedenen Bodentypen. Salzböden, fruchtbare Schwarzerde und sandige Böden liegen hier eng nebeneinander. Wiesen und Weideflächen sind für den Seewinkel ebenso typisch wie der Neusiedler See mit seinem Schilfgürtel oder die Salzlacken. Wiesenbrüter wie Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe, Feldlerche oder Schafstelze finden hier Brutplatz und Nahrung.

Die Wirkung von Beweidung und Wiesenmahd ist ähnlich: die Flächen werden offen gehalten und es entstehen magere Trocken- und Halbtrockenrasen, die man innerhalb der EU als besonders schützenswerte Lebensräume betrachtet.

Die steppenartige Landschaft, verzaubert durch ihren Artenreichtum. Am Ostufer des Neusiedler Sees erstreckt sich ein bis zu 2 Meter hoher und bis zu 25 Meter breiter Sandwall: der Seedamm. Die sandigen Böden beherbergen ganz besondere Vertreter von Fauna und Flora.

Extreme Temperaturen und Trockenheit im Sommer führen zu einer höheren Verdunstung und zur Bildung pannonischer Salzsteppen. Verschiedene Lebensräume haben zahlreiche Pflanzengesellschaften wie zum Beispiel Salzkresse, pannonische Salz-Aster, Österreichischer Salbei, Salicornia sp., Astragalus sp. und Federgras (Stipa sp.) zur Folge. Eine Beweidung ist notwendig um spezifische Pflanzengesellschaften zu erhalten.

Graurind / Ungarisches Steppenrind:

Das Ungarische Steppenrind ist auch bekannt als Ungarisches Graurind, Szilaj, Magyar szüurke, Magyar alföldi. Bos primigenius taurus Rasseschlüssel 53 UST.

Ungarische Steppenrinder sind schlank und großrahmig. Die Stiere erreichen eine Höhe von 145 bis 155 Zentimeter und ein Gewicht von 800 bis 900 Kilogramm, die Kühe sind 133 bis 140 Zentimeter groß und 500 bis 600 Kilogramm schwer.

Die Haut ist dunkel, das Haarkleid silberweiß bis aschgrau. Die Kälber werden mit rotgelbem Fell geboren. Das Fell wird im Alter von zwei bis drei Monaten heller und ergraut schließlich zwischen dem vierten und sechsten Monat. Das Maul, die Augenumgebung, die Ohren, die Hornspitzen, die Klauen und die Schwanzquaste sind schwarz. Die beträchtlich langen Hörner sind nach oben gerichtet und oft lyraförmig verlaufend.

Das Ungarische Steppenrind ist bekannt als robust, anspruchslos, leicht kalbend und langlebig. Sie sind gut an extreme klimatische Schwankungen, wie extreme Hitze im Sommer und tiefe Temperaturen im Winter, angepasst.

Erzeugungsverfahren:

Die Nationalparkverwaltung ist ein registrierter viehhaltender Bio-Betrieb. Heute weiden wieder etwa 200 ungarische Graurinder von Anfang Mai bis Ende Oktober im Nationalpark. Die restliche Zeit werden sie in Laufstallhaltungssystemen gehalten.

Die Rinder werden nur außerhalb der Weidesaison gefüttert. Nur Heu und Futtermittel, die am Hof biologisch produziert werden, sind erlaubt.

Transport und Schlachtung:

Nur wenige Tiere aus dem Bestand werden regelmäßig geschlachtet.
Die Rinder werden im Alter zwischen 30 bis 36 Monaten mit einem Schlachtgewicht von circa 550 bis 700 Kilogramm geschlachtet.

Kurze Transporte zu lokalen Fleischereibetrieben garantieren eine möglichst stressfreie Schlachtung. Fleisch vom „Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel Steppenrind“ ist das ganze Jahr über erhältlich.

Fleischbeschreibung:

Bio-Fleisch vom Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel Steppenrind ist leicht durchzogen, fest, kurzfasrig und enthält wenig Fett. Das ist typisch für Steppenrassen wärmerer Klimazonen, da die Fettablagerung vor allem in der Bauchhöhle erfolgt, was eine bessere Wärmeregulation über den Bereich der gesamten Körperoberfläche ermöglicht.

Das Fleisch entspricht R, O, P nach dem EUROP-Klassifizierungssystem. Die Fettgewebsklasse entspricht 1 bis 2 nach dem EUROP-Klassifizierungssystem. Es zeichnet sich durch einen hervorragenden Geschmack aus.

Ursprungsnachweis:

Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel Graurind ist identifiziert durch offizielle Ohrmarken, gemäß der österreichischen Tierkennzeichnungs- und Registrierverordnung und ist in einer Datenbank registriert.

Qualitätskontrolle:

Die Rinder werden durch den Amtstierarzt sowie den örtlichen Tierarzt zur Ursprungs- und Qualitätssicherung kontrolliert.

Vermarktung:

Das Fleisch des Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel Graurind wird vom Nationalpark in Kooperation mit einem regionalen Fleischereibetrieb vermarktet. Spezialitäten vom Rind werden in ausgewählten regionalen Restaurants angeboten.

Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Als wertvolle Lebensräume durch deren Nicht-Nutzung verloren zu gehen drohten, wurde mit der Beweidung im Sinne des Naturschutzes begonnen. Begleitet von wissenschaftlichen Langzeitstudien wurden die Hutweiden und Wiesenbereiche seither stetig erweitert. Ausgehend von den Bedürfnissen der vorkommenden Tier- und Pflanzenarten sowie der jährlichen Veränderungen stimmt man seither Mäh- und Beweidungstermine so ab, dass die angestrebten Schutzziele erreicht werden. Die Flächen, die Intensität und der Zeitraum der Beweidung werden jährlich neu festgelegt, um so auf die schwankenden Niederschlagsverhältnisse, die Ausdehnung der Oberflächengewässer, die Brutsaisonverläufe gefährdeter Vogelarten sowie die Standorte gefährdeter Pflanzenarten Rücksicht zu nehmen.
  • Das Graurind / Graues Steppenrind ist optimal an die regionalen Klimaverhältnisse in der Region angepasst.
  • Die Fleischqualität bzw. die charakteristischen Merkmale in Bezug auf Marmorierung und Geschmack sind das Ergebnis traditionellen Wissens, der, biologischen Aufzucht und Produktion und der Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern.

Verwertung:

Das Fleisch vom Grauen Steppenrind ist ein hochwertiges Produkt für die Zielgruppen private Konsumenten und regionale Gastronomie. Die Spezialitäten reichen von Frischfleisch bis hin zu verarbeiteten Produkten wie z.B. Nationalparkwürstel.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Burgenland, Region, Seewinkel, Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel Ungarisches Steppenrind, Ungarisches Graurind, Szilaj, Magyar szüurke, Magyar alföldi. Bos primigenius taurus Rasseschlüssel 53 UST

Bibliographie / Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 29.12.2022.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Michael Kroiss, Abteilung für Naturraummanagement,

Nationalparkverwaltung, Apetloner Hof 3, 7143 Apetlon

T: +43 2175 3365

m.kroiss@npneusiedlersee.at

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Mag.a Doris Reinthaler, Dr. Erhard Höbaus

Überarbeitet von Michaela Kojnek