Leberstreichwurst

Leberstreichwurst
Foto: AMA Marketing GmbH

Traditionelle Herstellung von Leberstreichwurst in Österreich.

Registernummer: 216

Offenlegungsdatum

Die Leberstreichwurst geht auf traditionelle Verarbeitungsweisen im Gefolge der Nutzung der Innereinen zurück, die Leberstreichwurst wie wir sie heute kennen - vor allem die emulgierte - wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt.

Titel

Leberstreichwurst

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Herstellung von Leberstreichwurst in Österreich.
Leberstreichwurst ist eine aus vorgekochtem Fleisch und Fettgewebe, mehr oder weniger intensiv emulgierte, feine oder mit grober Einlage hergestellte, streichfähige Kochwurst. Sie wird traditionell entweder in Rinderdärme (Dünn- oder Mitteldarm) oder in Schweinedärme (Enddärme) gefüllt. Heute werden überwiegend wasserdampfundurchlässige Kunstdärme verwendet.
Leberstreichwurst wird als Brotaufstrich verwendet.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Kochwurst, Wurst, Fleischprodukte

Name der Region

Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Speisen

Name des Informationsgebers

DI Wolfgang Wernert

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Fleischereien und bäuerliche Direktvermarkter

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Bereits in der Antike war es Brauch, Innereien frisch beziehungsweise im direkten Gefolge der Schlachtung ohne lange Aufbewahrung zuzubereiten und anschließend zu verzehren.
Die alten Griechen sahen in der Leber den Sitz des Gefühlzentrums, der Triebe und des Temperaments. Die Leber von Opfertieren wurde den Göttern zugesprochen, während die Menschen mit dem zähen Muskelfleisch Vorlieb nehmen mussten.

Die Leberstreichwurst hatte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts neben der Leberwurst (zum Braten) und analog zu den Pasteten als kalt zu genießende Spezialität entwickelt, wie aus diversen Kochbüchern zu entnehmen ist.

In der ersten Auflage des Österreichischen Lebensmittelcodex aus dem Jahre 1912 gibt es unter anderem bereits eine Richtlinie für Gansleberwurst, das Fachbuch für das Fleischer- und Selcherhandwerk aus dem Jahre 1925 enthält eine Anleitung für Streichleberwurst.

Friedrich Schlögl (1821 bis 1892) erwähnte schon im Jahr 1881 in „Die Saison der Wurst“ eine Leberwurst, die es bereits in den 20er Jahren und 30er Jahren des 19. Jahrhunderts in Wien gab.

Die Herstellung von Leberwürsten fällt in die Tradition des Schlachtfestes und gehört somit zu den Spezialitäten, die für einen raschen Verzehr vorgesehen waren. Da es früher nur eine natürliche Kühlung gab, war diese Wurstsorte zum Frischverzehr vorgesehen. Im Kochbuch „Süddeutsche Küche“ (1869) von Katharina Prato steht dazu: „Leber- und Blutwürste sollen ja nicht zu lange aufbewahrt werden, obschon man sie an einem kühlen Orte einige Tage erhalten kann, da sich in ihnen leicht das gefährliche Wurstgift entwickelt.“

Diese Aussage ist durch die Einhaltung der heutigen „Guten Herstellungspraxis“ (GMP), der allgemeinen Hygiene und Kühltechnik, zu relativieren beziehungsweise gilt so nicht mehr. Sie weist aber auf die alte Erfahrung hin, dass diese Art von Würsten bei fehlerhafter Erzeugung auf Grund ihrer Zusammensetzung durchaus ein guter Nährboden für toxische Botulismuskeime sein können, wobei diese Zusammenhänge in früheren Zeiten noch nicht bekannt gewesen waren.

Ein Vergleich der bekannten Rezepturen zeigt, dass Leberwürste zunächst vorwiegend zum Genuss im erhitzten Zustand vorgesehen waren (Bratleberwürste). Im Laufe der Zeit haben sich die Rezepturen als Spezialitäten so verändert, sodass Leberwüste vor allem als Streichwürste vielfach auch kalt genossen werden können. Denn erst die Erfahrung des Emulgierens von vorgekochten Rezepturbestandteilen mit rohen Anteilen (vorwiegend rohe Leber) bringt die Leberstreichwurst nicht nur in gewisse Nähe zu manchen Pastetenvarianten, sondern führte zu einem edleren und vor allem auch im kalten Zustand bekömmlichen Produkt, das meist streichfähig ist, allenfalls in teilweise schnittfester Konsistenz hergestellt wird.

Aufgrund der durchgehenden Lebensmittelkühlkette erhält man die Produktpalette der Streichwürste nun das ganze Jahr.

Gebiet/ Region:

Österreich

Leberstreichwurst:

Die Leberstreichwurst zählt nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch Codexkapitel B14 zu den streichfähigen Kochwürsten.

Leberstreichwurst ist eine aus vorgekochtem Fleisch und Fettgewebe (je nach Qualität oder Art der namensgebenden Tierart, wie zum Beispiel Schwein und Rind, sowie der rohen Leber, wie zum Beispiel von der Gans, dem Schwein, Rind, Kalb und von Wildtieren, eventuell auch etwas Brühe zum Ausgleich des Kochverlustes), mehr oder weniger intensiv emulgierte, feine oder mit grober Einlage hergestellte Kochwurst.
Sie wird traditionell entweder in Rinderdärme (Dünn- oder Mitteldarm) oder in Schweinedärme (Enddärme) gefüllt. Heute werden jedoch überwiegend wasserdampfundurchlässige Kunstdärme verwendet.

Nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch, Codexkapitel B14 Fleisch und Fleischerzeugnisse lassen sich Leberstreichwürste in drei Kategorien einteilen:

Sorte 1: Streichwürste mit Zusatz der namensgebenden Tierart (zum Beispiel Gansleberstreichwurst), hervorhebender oder auf ausländische Orte hinweisende Bezeichnung (Schlesische Streichwurst):

enthalten mindestens 30 Prozent Leber, davon mindestens 5 Prozent Leber von der namensgebenden Tierart
30 Teile Leber vom Schwein oder Kalb
25 Teile mageres Schweinefleisch I oder Kalbfleisch II
45 Teile fette Abschnitte (zum Beispiel Zitzensaum des Bauchfleisches, Bauchfleischabschnitte, auch Schlegelabschnitte, sowie Speck mit Schwarte und etwas Fleisch daran)

Sorte 2: Leberstreichwurst ohne zusätzliche Bezeichnung:
enthält nur 25 Prozent Leber

25 Teile Leber vom Schwein
22 Teile Schweinskopffleisch mit Schwarte
15 Teile Innereien (Herz, Zunge)
38 Teile fette Abschnitte mit Schwarte

Sorte 3: Streichwürste ohne zusätzliche Bezeichnung:
enthält nur 15 Prozent Leber, wobei die Leber zum Beispiel bei Zwiebelstreichwurst auch durch andere Innereien (wie zum Beispiel Herz, Lunge und Milz) oder Fleisch (wie zum Beispiel Kronfleisch, Fleischabschnitte) ersetzt werden kann.

15 Teile Leber
20 Teile Schweinskopffleisch mit Schwarte
15 Teile Innereien
10 Teile gekochte Schwarten
40 Teile fette Abschnitte mit Schwarte.

Der Kollagenwert (Bindegewebsgehalt) und Fettgehalt nimmt von der ersten Sorte zur dritten Sorte aufsteigend zu.
In Österreich geht man heute zunehmend dazu über, den Fettanteil zugunsten eines höheren Fleischanteils zu reduzieren.

Methode der Herstellung:

Je nach Herstellung werden emulgierte und nicht emulgierte Streichwürste unterschieden.

Feine Leberstreichwurst: Beispiel: Emulgierte Streichwurst (Rezept nach DI Wolfgang Wernert)

Zutaten:
45 Teile fette Abschnitte
25 Teile Mageres Schweinefleisch
30 Kilogramm Schweineleber
100 Teile Masse

Hilfsstoffe und Gewürze:
180 Gramm Nitritpökelsalz, 60 Gramm Gewürzzubereitung, 20 Gramm Röstzwiebel, getrocknet, 50 Gramm Leberstreichemulgator, 15 Gramm Umrötehilfsmittel (auf Ascorbinsäurebasis)

Herstellung:
Bei emulgierter Streichwurst gilt: Es muss die Emulsionskraft der rohen Leber voll ausgenützt werden. Dazu wird die Leber kalt (mit Pökelsalz) vorgekuttert, bis sie Blasen schlägt. Dann wieder aus dem Kutter entfernt und kalt zwischengelagert (oder sogar leicht angefroren), so lange, bis der heiße Rezepturteil in der Kutterschüssel fein und genug heruntergekühlt ist für die Emulsion (etwa 40 Grad Celsius).

Dann werden die vorgesalzenen (gepökelten), fetten Magerfleischabschnitte, das Kopffleisch oder die fetten Abschnitte gut durchgebrüht und noch heiß im Kutter feingekuttert. Wenn man mit Emulgatorzusatz (Diglycerid, in heißem Wasser aufgelöst) zur technologischen Unterstützung der Emulsionskapazität der Leber arbeitet, was dem technologischen Standard von heute entspricht, so wird dieser jetzt mit dem heißen Material mitgekuttert (500 Gramm Emulgatorzusatz auf 100 Teile Streichwurstmasse).

Dann wird die vorgekutterte Leber wieder zugesetzt und bei einer Temperatur zwischen 50 und 60 Grad Celsius mit dem heißen Material bis zu maximaler Homogenität fertig gekuttert (= emulgiert). Die Endtemperatur sollte in einem Bereich zwischen 37 Grad Celsius bis 40 Grad Celsius liegen. Da man auch etwas Brühe zusetzen kann, um den Kochverlust (3 bis 5 Prozent Zugabe) auszugleichen, hat man hier auch die Möglichkeit, noch etwas den richtigen Temperaturpunkt zu steuern (zum Beispiel durch Scherbeneis).

Die moderne Technologie hat auch die sogenannten Kochkutter gebracht. Diese funktionieren wie andere Schüsselkutter auch, sie haben allerdings zum Beispiel eine doppelwandige Schüssel, in der entweder mittels Dampf oder Heißwasser eine hohe Temperatur erreicht werden kann und das Fleisch und die fetten Abschnitte so ohne Verluste von Wasser und anderen wertvollen Inhaltsstoffen, wie zum Beispiel Geschmacksstoffe, die ins Kochwasser weggehen, durchgebrüht werden können. Anderseits kann man auch die Schüssel durch Kaltwasser wieder kühlen. In beiden Fällen muss man die Masse nicht mit Wasser in Berührung bringen („verwässern“) und Geschmacksverluste in Kauf nehmen. Alternativ gibt es auch Kutter mit Dampfeinblasung auf die Masse, hier muss aber das beim Erhitzungsprozess entstehende Kondenswasser dann in der Rezeptur berücksichtigt werden.

Eine andere Technologie verwendet sogenannte Durchlaufkutter, hier werden alle für die Emulsion nötigen Komponenten vorgemischt und an einem Mahlwerk oder Schneidsatz vorbeigefördert. Die Teile müssen dabei im Zwangsdurchlauf einer gewissen Partikel-Verteilungs- und Zerkleinerungsfunktion folgen, wobei auch die Emulgierung passiert. Das bedeutet, wenn im Schüsselkutter zerkleinert wird, ist einmal die Verteil- und Mischfunktion der Teilchen gegeben, dann auch die Schneidfunktion (= Zerkleinerung). Damit wird eine große innere Oberfläche geschaffen und dann wird auch emulgiert.

Je nach Art und Sorte wird die Wurstmasse dann in Naturdärme wie Kranzdärme oder auch Schweinefettenden (Enddarm) oder aber - heutzutage noch häufiger - in undurchlässige Kunstdärme (auch genannt Sterildärme) abgefüllt, portioniert und bei 76 Grad Celsius bis 80 Grad Celsius je nach Kaliber auf 72 Grad Celsius bis 75 Grad Celsius Kerntemperatur gebrüht. Wurst in Naturdärmen kann nach dem Erkalten 2 bis 4 Stunden - einen räucherbaren Darm vorausgesetzt - kalt (zum Beispiel 20 Grad Celsius und einer relativen Feuchte von etwa 70 Prozent) goldbraun nachgeräuchert werden, was der Lagerfähigkeit, dem Geschmack und dem Äußeren durch die Farbe sehr zuträglich ist.

Wichtig ist der Hinweis, dass die Emulsion während der Wurstfüllung aus Erfahrung bei Temperaturen unter 40 Grad Celsius wieder leicht „bricht“ (sich entmischt), das heißt, der Füllvorgang (Wurstmasse in den Darm hinein) darf nicht zu spät einsetzen, sonst hat man hier mit Konsistenzfehlern zu rechnen.

Was die Rezepturgestaltung einerseits und die Verarbeitungstechnologie anderseits betrifft, so hat die technologische Forschung zu Tage gebracht, dass es für fein emulgierte Masse einen Mischungsbereich zwischen den Komponenten Leber, Magerfleisch (Eiweiß) und Fett (fette Abschnitte) gibt, in dem rezepturbedingte Emulsionsfehlprodukte vermieden werden können. Als Faustregel gilt hier – in einem weiten Bereich – dass bei einem gewählten Anteil an Leber die Summe aus Mageranteil und Fettanteil die Differenz von 100 Prozent minus Leberanteil ergibt. Beispiel: bei 20 Prozent Leber kann Fettgewebe zwischen 10 Prozent und 40 Prozent betragen und Mageranteil zwischen 70 Prozent und 40 Prozent (die Summe muss 100 sein).

Im Gegensatz zu emulgierter Streichwurst gibt es auch weit verbreitete Produkte, auch oft gröbere (rustikale) Produkte, bei denen nur eine geringe oder keine Emulgierung und nur eine Durchmischung erfolgt. Hier wird die Leber meist kurz angebrüht und dann mit den anderen Bestandteilen der Rezeptur durch eine 8 Millimeter Scheibe gewolft und zum Beispiel in Rinderkranzdärme gefüllt.

Zwiebelleberstreichwurst: Beispiel: Nicht emulgierte oder teilemulgierte Streichwurst (Rezept nach DI Wolfgang Wernert)

Zutaten:
70 Teile Schweinebauchabschnitte
30 Teile Schweinsleber
100 Teile

Die angebrühte Schweinsleber wird mit den durchgebrühten Schweinebauchabschnitten auf 8 Millimeter gewolft, mit den Gewürzen, Röstzwiebeln und dem Pökelsalz durchgemischt und traditionell in Rinderkranzdärme gefüllt und erhitzt. Nach dem Abkühlen wird wieder kalt goldgelb geräuchert.
Die Würzrichtung geht, außer dem Zwiebelzusatz (geröstete oder rohe Zwiebel) in Richtung Zimt, Ingwer, Pfeffer, Majoran.
Durch die fehlende Emulsion tritt hier eine akzeptierte Entmischung auf, Fett sammelt sich an der Innenwand des Darmes.
Es gibt allerdings auch am Markt eine emulgierte Variante, die dann auch mit Emulgator und im Kunstdarm und ungeräuchert hergestellt wird.

Unterschied zur Pastete:
Im Unterschied zur Pastete, die vorwiegend eine Teighülle aufweist, haben Streichwürste einfachere Fleischqualitäten und sind fettiger und wässriger. Pasteten sind in der Rezeptur besser in Hinblick auf den Kollagenwert und magerer als Streichwürste.
Der Übergang zwischen Pasteten und Streichwürsten ist – hinsichtlich der physischen Zusammensetzung – jedenfalls fließend, hinsichtlich der äußeren Erscheinungsform wie Teighülle, Steingutform, Glas, et cetera auf der einen und Darm auf der anderen Seite, jedoch klar definiert.

Produzenten:

Fleischereien und bäuerliche Direktvermarkter

Verwertung:

Leberstreichwurst wird als Brotaufstrich verwendet.

Verfügbarkeit:

Ganzjährig

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Speisen, Traditionelles Wissen, Österreich, Leberstreichwurst, Feine Leberstreichwurst, Zwiebelleberstreichwurst, Pastete

Bibliographie/ Referenzen

  • BAUMGARTNER, W. Gewürze. In:  Fleischtechnologie Band I, Österreichischer Wirtschaftsverlag, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien, 1995, Seite 301 ff
  • DANNER H. und STOLL H. Fleisch, Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung, Österreichischer Agrarverlag Wien, 1993, Seite 172ff
  • DOPPLER F. und EIBENSTEINER R. Würste und Pasteten,  Österreichischer Agrarverlag Druck- und Verlagsges.m.b.H. NfG. KG,  Wien, 2007, Seite 86 ff
  • POPPMEIER A. Das Fleischer- und Selcherhandwerk, Verlag der Wirtschaftgenossenschaft der deutschen Tierärzte Österreichs, Wien, 1925, Seite 81
  • PRATO K. Süddeutsche Küche, Graz 1868, Seite 228
  • STIEBING et alii Teil A Kapitel 6.3 Herstellung von Kochwurst. In: Handbuch Fleisch und Fleischwaren; Technologie; Marketing und Betriebswirtschaft; Recht, B.Behr’s Verlag GmbH&Co.KG, Hamburg, 1996
  • Emulgierte Streichwurst
  • Esskultur im Römischen Reich
  • Geschichte der Wurst
  • Österreichisches Lebensmittelbuch IV. Auflage, Codexkapitel B 14 Fleisch und Fleischerzeugnisse

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 23.11.2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Keine Angabe

Autoren

DI Wolfgang Wernert, Mag.a Doris Reinthaler, Daniela Trenker B.A., Mag.a Eva Sommer