Internationaler Vertrag für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGRFA)

Roggen
Foto: BML / Alexander Haiden

Im Rahmen der 31. FAO Konferenz wurde im November 2001 in Rom ein Vertrag zum Schutz der globalen, landwirtschaftlichen Artenvielfalt abgeschlossen.

Aktuell haben 135 Staaten und die Europäische Union den Vertrag ratifiziert. Österreich ist im Jahre 2005 dem Vertrag beigetreten.

Wesentliche Regelungsinhalte des ITPGRFA sind

  • die Schaffung eines rechtlich bindenden globalen Rahmenwerks für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und
  • die Schaffung eines „Multilateralen Systems“ (MLS) zur ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus der Nutzung dieser genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile.

Folgender Hintergrund war für die Errichtung des ITPGRFA maßgeblich:

  • Verlust von 75% aller Kulturpflanzenarten in den letzten 100 Jahren,
  • nur mehr 4 Arten (Mais, Kartoffel, Reis, Weizen) decken global gesehen 60% des   Energiebedarfs,
  • bereits jetzt leidet jeder siebente Mensch an Hunger,
  • die Nahrungsmittelerzeugung muss um 70% steigen, um die Weltbevölkerung im Jahr 2050 ernähren zu können.

Multilaterales System:

Kernstück des ITPGRFA ist das sogenannte MLS, das eingerichtet wurde, um den Zugang zu nutzpflanzengenetischen Ressourcen zu erleichtern. Während mit den allgemeinen Vertragsbestimmungen des IT ein rechtsverbindlicher Rahmen zum dauerhaften Schutz aller pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft geschaffen wird, sind die Bestimmungen, die den erleichterten Zugang und fairen Vorteilsausgleich regeln, auf die im Vertragsanhang aufgelisteten Nutzpflanzengattungen und -arten beschränkt. Bisher umfasst die Liste 35 Nahrungs- und 29 Futterpflanzen. Darunter fallen zum Beispiel Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Reis, diverse Hülsenfrüchte  sowie Obstsorten wie Äpfel, Erdbeeren und Bananen. Sie wurden nach ihrer Bedeutung für die Ernährungssicherung ausgewählt und gewährleisten zusammen 80% der Kalorienaufnahme der Weltbevölkerung.

Zugang und Vorteilsausgleich:

Neben dem Verweis auf die Bedeutung des Multilateralen Systems an sich und die Vorteile, die sich alleine aus seiner Einrichtung ergeben, nennt der internationale Vertrag folgende Mechanismen für einen fairen Vorteilsausgleich: Informationsaustausch, Zugang zu und Weitergabe von Technologie, Kapazitätsaufbau und Aufteilung der monetären Vorteile aus der Vermarktung.

Genetisches Material ist für Forschung und Züchtung für alle Vertragsparteien frei zugänglich. Wenn auf Grundlage dieser Bausteine eine neue Kulturpflanzenart erfolgreich kommerzialisiert werden kann, fließt ein Prozentteil der Erlöse zurück an einen multilateralen Fond. Aus diesem Fond werden Projekte finanziert, die vor allem Bauern und Bäuerinnen in Entwicklungsländern zu Gute kommen, damit sie die Vielfalt ihrer heimischen Pflanzen bewahren und nutzbar machen können.

Das Multilaterale System wird in Österreich bereits umgesetzt, indem das in den Genbanken befindliche Material, das mittels Datenbanken eingesehen werden kann, laufend an anfragende Mitglieder des Vertrages übermittelt wird. Ansprechstelle hierfür ist die Abteilung Pflanzengenetische Ressourcen bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit in Linz.

Der Governing Body des ITPGRFA:

Das Lenkungsorgan des ITPGRFA (Governing Body; GB) trägt die Verantwortung für die verfahrensmäßigen und budgetären Umsetzungsstrategien. Dort sind im Einzelnen die Geschäftsordnung des Lenkungsorgans, seine Finanzierungsregeln, eine Finanzierungsstrategie für die Vertragsumsetzung sowie Regeln hinsichtlich der Vertragseinhaltung zu beschließen. Diese Regierungskonferenzen finden alle 2 Jahre statt; der letzte GB VI tagte vom 3.- 9. Oktober 2015 in Rom.

Österreich und der ITPGRFA:

Für Österreich war die Erhaltung der pflanzengenetischen Vielfalt sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene immer ein wichtiges und vordringliches Anliegen. So wurde national im Rahmen der Initiative "Genussregion Österreich" eine Verbindung zwischen traditionellen bäuerlichen Produkten und der Herkunftsregion geschaffen. Weiters fördert das Bundesministerium im Rahmen des österreichischen Programmes für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) den Anbau seltener landwirtschaftlicher Kulturpflanzen. International beteiligt sich Österreich im Rahmen der FAO und als Mitglied des Internationalen Vertrages für pflanzengenetische Ressourcen engagiert an der globalen Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft.

Zusammenfassend bringt der Vertrag dreierlei Vorteile: Erstens verpflichteten sich die Regierungen zu einem gewissen Mindestschutz zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, und zwar auch für jene Kulturpflanzen, die nicht dem multilateralen Austauschsystem unterliegen.  Zweitens haben sowohl individuelle natürliche Personen aus den 136 Vertragsstaaten (z.B. „Herr und Frau Österreicher“) als auch juristische Personen wie Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, die 64 Arten gemäß Anhang I, die sich im öffentlichem Eigentum befinden bzw. die von privater Seite hiefür zur Verfügung gestellt werden, kostenlos bzw. gegen einen angemessenen Kostenersatz zur Forschung, Züchtung oder Aus- und Weiterbildung zu erwerben und drittens profitieren Entwicklungsländer von neuen, innovativen  Saatgutprojekten, die aus einem speziellen Benefitsharing-Fonds finanziert werden.

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