Jauntaler Hadn

unbekannt
Foto: Josef Hirm

Traditioneller Anbau und Verarbeitung von Buchweizen (Fagopyrum esculentum) der Sorten Kärntner Had’n, Billy, Bambi und Pyra im Jauntal, Kärnten.

Registernummer: 77

Offenlegungsdatum

Die ersten urkundlichen Erwähnungen des Buchweizenanbaues im Villacher Raum stammen aus dem Jahr 1442 und 1445.

Titel

Jauntaler Hadn

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditioneller Anbau und Verarbeitung von Buchweizen (Fagopyrum esculentum) der Sorten Kärntner Had’n, Billy, Bambi und Pyra im Jauntal, Kärnten.
Der Buchweizen wird großteils in diesem geografischen Gebiet vermehrt.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Buchweizen, Knöterichgewächse, Pseudocerealien

Name der Region

Jauntal, Kärnten, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Josef Hirm
Obmann Verein Genuss Region Jauntaler Hadn – „Wir laden zum Had´n"

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Bauern, Gastwirte und Kulinariker in der Region Jauntal, Kärnten
Verein Genuss Region Jauntaler Hadn – „Wir laden zum Had´n"

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Es wird vermutet, dass der Gemeine Buchweizen (Fagopyrum esculentum) seinen Ursprung in Südostasien hat und an der Wende vom 14. bis zum 15. Jahrhundert über die Mongolei nach Europa von Tataren und Sarazenen gebracht wurde. Wahrscheinlich wurde der Buchweizen über Italien im 15. Jahrhundert nach Kärnten gebracht. Er wurde dort vor allem im Drautal, im Gailtal sowie im Jauntal in großen Mengen angebaut.

Jedoch existiert auch die Theorie, wonach der Buchweizen schon in der Bronze Zeit (3000 bis 1000 vor Christus) in Europa heimisch geworden war, da bei Ausgrabungen in Deutschland dem Buchweizen ähnliche Körner gefunden wurden. Im Jahre 1396 erscheint der Buchweizen zum ersten Mal in einer Chronik von Nürnberg, Deutschland. Die ersten urkundlichen Erwähnungen von Buchweizenanbau in Kärnten stammen aus dem Jahr 1442 und 1445 aus dem Villacher Raum. Der Buchweizen wird speziell in der Zehentordnung von Erzherzog Karl II von Innerösterreich erwähnt. Im 16. und 17. Jahrhundert war der Buchweizen in der Kärntner Bauernküche besonders beliebt. Der „Heidensterz“ galt als Grundnahrungsmittel. Er wurde morgens zum Kaffee, vormittags zur Suppe, Milch oder Buttermilch serviert. Je nach Jahreszeit wurde er mit Früchten wie Kirschen oder Schwarzbeeren verfeinert. Zudem galt der „Heidenbrein“ beziehungsweise „Heidensterz“ auch als sehr praktische Mahlzeit, da das Dünsten im Wasser nur 5 bis 19 Minuten dauerte. Der Heiden wurde im 19. und 20. Jahrhundert durch den „Türken“ (Kukuruz, Mais), Kartoffeln und Weizen weitgehend verdrängt.

1997 wurde der Verein "Wir laden zum Had´n“ gegründet, bestehend aus Produzenten, Direktvermarkter, Gastronomen, Lebensmitteleinzelhandel sowie der Tourismusverein Gemeinde Neuhaus.

Der Buchweizen wird in Österreich auch als Heiden, Hadn oder Heda bezeichnet. Diese Bezeichnungen beziehen sich auf die Annahme, dass der Buchweizen von den „Heiden“, aus nicht-christlichen Ländern, stammt.
Weitere gebräuchliche Synonyme sind Schwarzplente, Schwarzes Welschkorn, Schwarzpolenta oder türkischer Weizen aufgrund der Annahme, dass der Buchweizen über die Türkei nach Europa gebracht wurde.

Früher erfolgte das Schälen des Heidenkorns in gemeinschaftlicher Arbeit. Besonders in der Winterzeit breitete man um den warmen Stubenofen die Heidenkörner aus und die Menschen trampelten dann mit Holzschuhen („Tschoggl“, „Zoggl“) darauf herum, um die Samen von der äußeren Hülle zu trennen.

Gebiet/ Region:

Als Jauntal wird das Drautal zwischen der Mündung der Flüsse Vellach und Drau bei Goritschach (405 Meter) und Schwabegg (462 Meter), im südöstlichen Teil des Klagenfurter Beckens, Kärnten, verstanden.
Die Bezeichnung Jauntal stammt von der keltisch-römischen Siedlung Juenna am Hemmaberg (842 Meter) bei Globasnitz. Das Jauntal wird von den Flüssen Drau, Vellach und Gurk durchflossen.

Klima- und Bodenverhältnisse:

Im Jauntal herrscht kontinentales Klima, das durch warme Sommer und kalte Winter gekennzeichnet ist. Während der Winter treten ausgeprägte Inversionslagen und extreme Temperaturminima auf.

Die Jahresmitteltemperatur liegt bei etwa 7,5 Grad Celsius. Die Temperatur im Sommer beträgt durchschnittlich 17,9 Grad Celsius, im Winter minus 4 Grad Celsius. Das Klima ist ganzjährig feucht. Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge beträgt rund 750 Millimeter mit Hauptniederschlägen im Sommer.

Die Anbauflächen des Jauntaler Hadns befinden sich auf einer Seehöhe von rund 400 bis 450 Meter.

Die Böden sind Schotterterrassen (Gletscherendmoränen), humose Sandböden sowie sandige Lehmböden.

Buchweizen

Der Buchweizen zählt zur Pflanzengattung Fagopyrum aus der Familie der Knöterichgewächse (Polygonaceae).

Die Bezeichnung „Buchweizen“ ist auf die dreikantige Samenform zurückzuführen, welche an die weitaus größeren Bucheckernsamen der Buche (lateinisch fagus) sowie auf die gleiche Verwendung wie Weizen (griechisch pyrus) erinnern. Der Buchweizen zählt nicht zu Getreide oder Gräser. Er wird als Pseudocerealie bezeichnet um zu betonen, dass er keine Verwandtschaft zum Weizen beziehungsweise Getreide besitzt. Buchweizen ist ein enger Verwandter von Sauerampfer (Rumex acetosa) und Rhabarber (Rheum rhabarbarum). Die bekannteste Art dieser Gattung ist der Echte Buchweizen beziehungsweise Gemeiner Buchweizen (Fagopyrum esculentum).

Da der Buchweizen auf kärgstem Boden gedeiht, wurde er auch oft als Pionierpflanze auf frisch gerodetem und urbar gemachtem Land angesetzt. Er wird als Hauptfrucht auf sonnigen Höhen und als Zweitfrucht in den Tallagen geschätzt.

Der blühende Hadn lockt zahlreiche Bienen in die Hadnregion, wodurch indirekt der Ertrag in benachbarten Obstanlagen gesteigert wird. Nektar aus Buchweizenblüten ergibt dunkel gefärbten Honig.

Jauntaler Hadn

Im Zusammenhang mit Genuss Region Österreich wird als Jauntaler Hadn ausschließlich Buchweizen der Art Echter Buchweizen (Fagopyrum esculentum) bezeichnet.

Der Jauntaler Hadn umfasst die seltenen Sorten Billy, Bambi und Pyra. Der Anbau dieser seltenen Sorten wird im Rahmen des Österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) gefördert. Dieses Programm legt Beschränkungen hinsichtlich der Anwendung von Dünger und Pflanzenschutzmittel fest.

Jauntaler Hadn wird derzeit auf rund 200 Hektar angebaut.
Mehrere Bauern produziert Buchweizen auch biologisch.

Produktionsmethode:

Der Jauntaler Hadn wird sowohl als Haupt- als auch als Zweitfrucht angebaut. Die Fruchtfolge ist Wintergetreide (Wintergerste) – Had’n – Mais.

Die Böden werden vor der Aussaat mit Pflug und Egge beziehungsweise mit Grubber und Kreiselegge bearbeitet. Die Unkrautbekämpfung ist kaum notwendig, da der Hadn schneller als das Unkraut wächst. Der Buchweizen wird als Hauptfrucht Anfang bis Mitte Mai gesät. Seit ein paar Jahren wird der Hadn hauptsächlich als Zweitfrucht -nach der Wintergetreide-Ernte - Mitte Juli angebaut. Die Aussaatmenge beträgt rund 80 Kilogramm pro Hektar. Die Aussaat erfolgt mit einer Drillmaschine (Drillsaat) mit einer Saattiefe von 3 bis 4 Zentimeter. Nach der Aussaat darf weder gedüngt, noch chemische Pflanzenschutzmittel verwendet werden.

Die Pflanze des Buchweizens wird etwa 60 Zentimeter hoch. Die Blüten sind weiß bis rosenrot. Die Blütezeit dauert etwa 6 Wochen lang, von Juli bis August bei der Hauptfrucht, und ab September beim Zweitfruchtanbau.

Die Buchweizensamen werden größtenteils (jährliche Schwankungen zwischen 60 und 100 Prozent) in der Region vermehrt. Teilweise werden sie auch über die „Kärntner Saatbau GmbH“ zugekauft, wobei das Saatgut mit unter auch aus Niederösterreich stammt.

Ernte und Lagerung:

Der Erntezeitpunkt der Hauptfrucht liegt um den 20. August, die Zweifrucht wird im Oktober geerntet.

Die Ernte erfolgt mit Mähdreschern (Getreideausrüstung) am Nachmittag, wenn der Buchweizen trocken ist. Nach der Ernte wird der Hadn sofort getrocknet und gereinigt und möglichst rasch weiterverarbeitet. Die Lagerung des Buchweizens erfolgt für maximal 24 Monate. Für die Lagerung werden hängende Säcke verwendet, um die Ernte vor Ungeziefer zu schützen oder die Lagerung erfolgt in Silos.

Der Großteil der Ernte wird seit 2012 im Hadn-Zentrum, welches eine eigene Hadn-Mühle (Steinmühle) beheimatet, zu glutenfreiem Mehl weiterverarbeitet. Weitere Nebenmühlen finden sich verstreut in der Region.
Der bei der Vermahlung des Hadns anfallende Abfall wird direkt in der Region den Hühnern bzw. Schweinen verfüttert.

Zurzeit produzieren 15 Bauern den Jauntaler Hadn in der Region.
Der jährliche Ertrag beträgt rund 140 Tonnen, ist jedoch stark witterungsabhängig.

Aussehen, Geschmack:

Die dreieckigen Früchte sind Achänen mit einem einzigen Samen innerhalb einer harten äußeren Hülle. Die ungeschälten dunkelbraunen Früchte sind 4 bis 6 Millimeter lang und etwa 3 Millimeter dick. Die Schale muss entfernt werden, da diese nicht zum Verzehr geeignet ist. Der Geschmack der Samen erinnert entfernt an Haselnüsse.

Ernährungsaspekte:

Buchweizen ist glutenfrei und kann daher von Menschen mit Glutenunverträglichkeit (z.B. Zöliakie) gegessen werden. Wegen des fehlenden Glutens ist reiner Buchweizen zum Brotbacken allerdings ungeeignet. Buchweizen ist reich an Kalium, Eisen, Kalzium, Magnesium, Kieselsäure sowie an den Vitaminen B1, B2 und E. Das sehr hochwertige Eiweiß gilt als leicht verdaulich. Blüten und Kraut des Buchweizens enthalten Rutoside, die medizinische Verwendung finden.

Vermarktung:

Die Vermarktung des Jauntaler Hadns erfolgt sowohl als geschältes Korn (umgangsprachlich „Hadn-Reis“), Mehl oder Gries als Grundprodukt, aber auch weiterverarbeitet in Hadn Busserl, Hadn-Cookies, Hadn-Chips, Hadn-Kuchen, gem.Hadn-Brot, über das Hadn-Zentrum, Ab-Hof-Verkauf, Bauernmärkte, Had’n-Feste, Kaffeehäuser sowie über die Gastronomie.

Am ersten Wochenende im Juli sowie am 3. Wochenende im September finden im Jauntal die Had’n Feste statt.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen

  • Spezielle Bodenbedingungen sowie kontinentales Klima im Anbaugebiet ermöglichen den Anbau seltener Buchweizensorten von höchster Qualität.
  • Ausgeprägte Bodenständigkeit: die seltenen Buchweizen-Ecotypen sind das Ergebnis traditionellen Anbaus in der Region.
  • Die Erzeugung von Jauntaler Hadn ist das Ergebnis des Traditionellen Wissens, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Buchweizen-Bauern (Anpassung der Erziehungsform von Buchweizen an die Gegebenheiten der Umwelt, Auswahl von Sorten, Know-how des Ernteoptimums, traditionelle Methoden des Anbaus und der Ernte) und der Erfahrung in der Vermarktung und Verwendung in der Küche.

Verwertung:

Der Jauntaler Hadn ist Grundprodukt verschiedenster Spezialitäten wie Hadnsterz, Hadn Nudeln, Hadnmehlknödel und der beliebten Hadntorte. Weiters wird in der Region Hadnbier und Hadnlikör hergestellt.

Weitere Spezialitäten sind Had'nkranznudeln, Had'nlaibchen, Had'nmalakoffschnitte, Had`nmehl, Had’nchips, Had’nschnaps, Had’nkuchen, Had’n Ravioli, Had’nspaghetti, Had’npalatschinken.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Region, Kärnten, Jauntal, Buchweizen, Hadn, Fagopyrum esculentum, Jauntaler Hadn

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 19.12.2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Obmann Josef Hirm
Oberdorf 4
9155 Neuhaus
Telefon: +43 664 627 2865
E-Mail: mail@hadn.info

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus