Lavanttaler Apfelwein

Lavanttaler Apfelwein
Foto: Mostbarkeiten

Traditionelle Herstellung von Apfelwein , ausschließlich durch bäuerliche Produzenten, in der Region Lavanttal, Kärnten.

Registernummer: 149

Offenlegungsdatum

Im Jahr 990 erste Erwähnung des Obstanbaus im Lavanttal in einer Tauschurkunde.

Titel

Lavanttaler Apfelwein

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Herstellung von Apfelwein, ausschließlich durch bäuerliche Produzenten, in der Region Lavanttal, Kärnten.
Der Most erlangt seine Geschmacksfülle durch die zahlreichen verschiedenen Apfelsorten, welche unter günstigen Boden- und Klimaverhältnissen in der Region gezogen werden.
Entscheidend für die Qualität des Lavanttaler Apfelweines sind die Pflege der Streuobstbäume, der optimale Erntezeitpunkt und die rasche Weiterverarbeitung.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Apfelwein, Obstwein

Name der Region

Lavanttal, Kärnten, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Verein Mostbarkeiten
Hermine Kopp

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Circa 200 Bauern und Mostproduzenten im Lavanttal, Kärnten

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Aus einer Tauschurkunde von etwa 990 zwischen Erzbischof Friedrich von Salzburg (958 bis 991) und dem Kleriker Wito geht hervor, dass im Garten des Klerikers in St. Andrä im Lavanttal bereits Obstbäume wuchsen.
Der Obstbau wurde unterstützt und gefördert durch das Stift St. Paul im Lavanttal nach dessen Gründung im Jahr 1091. Ab dem 10. Jahrhundert erlebte der Obstbau eine starke Verbreitung durch die kirchlichen Orden.
Es wird angenommen, dass seit dem frühen Mittelalter Äpfel und Birnen zur Herstellung von Obstwein verwendet wurden.

1650 wurde das Land mit dem heutigen Zogglhofes (das Kompetenzzentrum für die Obstverarbeitung) vom Stift erworben und bis ins Jahr 1960 vom Stift bewirtschaftet.

Streuobstwiesen und Baumzeilen entlang der Wege und Straßen wurden typisch für die Landschaft im Lavanttal.

Im 18. Jahrhundert verordnete Kaiserin Maria Theresia (1740 bis 1780) die Anpflanzung von Streuobstbäumen in ihrem Kaiserreich an. Ihr Sohn Joseph II. belohnte Landwirte mit einer silbernen Medaille, wenn sie über 100 Obstbäume setzten. Er ordnete auch an, bei jeder Hochzeit einige Obstbäume anzupflanzen. Bis etwa 1840 wurde Obst vorwiegend zum Frischgenuss und als Dörrobst geschätzt. Daraufhin wurde Wirtschaftsobst vor allem in Unterkärnten zu Most und Kletzen und in Oberkärnten zu Branntwein verarbeitet.

1890 wurde die erste Obstverwertungsgenossenschaft im Lavanttal gegründet.

Einen enormen Aufschwung erlebte der Most weiters gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in der Zeit der Bauernbefreiung und Industrialisierung.
Der Transport von Most in fernere Regionen wurde durch den Bau von neuen Straßen und Eisenbahnnetzen erleichtert.

Auch in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Obstwein aus dem Lavanttal in die Industrieregion der Obersteiermark und bis nach Wien geliefert.

Zur Förderung des Tafelobstbaus wurde 1949 die „Edelobstgenossenschaft Lavanttal“ gegründet und 1952 die Obstversuchsanlage in St. Andrä im Lavanttal eröffnet.

Nach dem 2. Weltkrieg änderten sich jedoch die Trinkgewohnheiten in der Bevölkerung, zurückführend auf die zunehmende Mobilitätssteigerung, den gesellschaftlichen Wertwandel und auf den zunehmenden Plantagenobstbau für Tafelobst. Das Trinken von Most galt als altmodisch und wurde durch den Konsum von Bier, Wein und Limonaden ersetzt.

1995 begann der Verein „Mostbarkeiten“- eine Gemeinschaft von Bauern aus dem Lavanttal - mit dem Umbau des Zogglhofes zum heutigen Kompetenzzentrum für die Obstverarbeitung. Mostbarkeiten ist ein Wortspiel, in dem Most und Teile des Worts Kostbarkeiten verschmolzen sind.

Seit den 1970er Jahren führt das steigende Bewusstsein für regionale Erzeugnisse zu vermehrter Produktion und Konsumation von Apfelwein.

Heute gibt es etwa 200 Obstbauern und Mostproduzenten im Lavanttal.

Gebiet/ Region:

Das Lavanttal ist ein von der Lavant durchflossenes Tal im politischen Bezirk Wolfsberg, im Osten von Kärnten. Die Region umfasst die Gemeinden Reichenfels, Bad St. Leonhard, Preitenegg, Frantschach – St. Gertraud, St. Andrä, St. Georgen, St. Paul und Lavamünd.

Das Lavanttal grenzt im Norden an die Packalpe (2.187 Meter), im Osten an die Koralpe (2.140 Meter), im Süden an das Jauntal (842 Meter) und im Westen an die Saualpe (2.079 Meter). Das Lavanttal liegt auf einer Seehöhe zwischen circa 345 und 2.100 Meter. Die Apfelanbauflächen befinden sich auf einer Seehöhe zwischen 400 und 800 Meter. Eine halbe Million hochstämmige Apfelbäume auf Streuobstwiesen prägen das Landschaftsbild des Lavanttals.

Klima- und Bodenverhältnisse:

Im Lavanttal liegt illyrisches Klima vor. Typisch sind warme Sommer und niederschlagsreiche Winter. Winterliche Inversionslagen führen im Talboden zu vermehrte Nebelbildungen. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 8 Grad Celsius, die jährliche Niederschlagsmenge 790 Millimeter. Die Sonnenscheintage (187) überwiegen die Regentage (125).

Die Böden im Lavanttal sind mittelschwere bis schwere Braunerdeböden, die aus silikatischem Lockersediment bestehen. Der Boden weist eine hohe Wasserdurchlässigkeit auf.

Lavanttaler Apfelwein:

In der deutschen Umgangssprache wird „Most“ nicht nur als „Apfelwein“, sondern auch als „Apfelsaft“ bezeichnet. Laut Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 1999) Paragraph 42 gilt, dass Obstwein aus Kernobst als „Obstwein“, „Obstmost“ oder „Most“ mit der zur Erzeugung verwendeten Obstart bezeichnet werden muss während die österreichische Fruchtsaftverordnung bestimmt, dass unvergorener und somit alkoholfreier Saft aus frischen Früchten als „Süßmost“ zu bezeichnen ist.

Für den Apfelwein wird vorwiegend regionales Obst verarbeitet. Nur in Jahren mit geringer Apfelernte aufgrund von alternierendem Fruchtansatz wird Obst aus der Steiermark zugekauft.
Ansonsten erfolgen alle Produktions- und Verarbeitungsschritte des Lavanttaler Apfelweines ausschließlich in der Region.

In der deutschen Umgangssprache wird „Most“ nicht nur als „Apfelwein“, sondern auch als „Apfelsaft“ bezeichnet. Laut Obstweinverordnung 2013 gilt, dass Obstwein aus Kernobst als „Obstwein“, „Obstmost“ oder „Most“ auch mit der zur Erzeugung verwendeten Obstart bezeichnet werden kann während die österreichische Fruchtsaftverordnung bestimmt, dass unvergorener und somit alkoholfreier Saft aus Äpfel oder Birnen als „Süßmost“ zu bezeichnen ist.

Für den Apfelwein wird vorwiegend regionales Obst verarbeitet. Nur in Jahren mit geringer Apfelernte aufgrund von alternierendem Fruchtansatz wird Obst aus der Steiermark zugekauft.
Ansonsten erfolgen alle Produktions- und Verarbeitungsschritte des Lavanttaler Apfelweines ausschließlich in der Region.

Apfelsorten:

Die Apfelsorten umfassen zahlreiche traditionelle Apfelsorten, wie Lavanttaler Bananenapfel, Bohnapfel, Maschanska, Brünnerling, Kronprinz Rudolf, Schmidberger, Renetten sowie modernere Apfelsorten, wie Boskoop, Schweizer Orangenapfel, Cox Orange, Ontario, Glockenapfel, Jonathan und Wiltshire. Der Lavanttaler Bananenapfel, auch Mutterapfel oder American Mother genannt, wurde vermutlich von der Familie Birkershauser um 1882 aus Massachusetts (USA) nach Wolfsberg/Giries, im Lavanttal, gebracht.

Baumpflanzung:

Die Äpfel wachsen traditionell auf Hochstammbäumen in Streuobstwiesen. Durch die Jahrhunderte lange Pflege der Obstbäume konnten alte, bewährte Sorten bewahrt werden.

Pflanzenschutzmaßnahmen, Düngung und Bewässerung:
Da die alten Obstsorten robust sind, sind Schädlingsbekämpfung und Düngung nicht notwendig. Auf Grund der optimalen klimatischen Bedingungen wird auch keine zusätzliche Bewässerung der Streuobstanlagen vorgenommen.

Ernte:

Im Oktober (bei frühen Sorten Mitte bis Ende September) wird das Fallobst händisch aufgelesen. Zusätzlich werden die reifen Äpfel auf hohen Bäumen mit langen Stangen von den Bäumen geschüttelt.

Im Lavanttal werden im Jahr etwa 3.000 Tonnen Äpfel geerntet. Rund 80 Prozent der Bauern verarbeiten ihre Ernte selbst zu Lavanttaler Apfelwein, circa 20 Prozent der Bauern liefern die Ernte an die Übernahmestellen in Wolfsberg, Jakling und St. Paul zur Weiterverarbeitung.

Lagerung:

Die Äpfel werden meist zwischen Ernte und Verarbeitung für etwa 1 bis 5 Tage bei den Bauern selbst gelagert, um den Säuregrad zu reduzieren und abzurunden.

Zerkleinerung:

Nach dem Waschen werden die Äpfel mechanisch in einer „Rätzmühle“ (Schleudermühle mit wechselbaren Edelstahlsieben) oder in traditioneller Form mittels Quetsche oder Reißwolf zerkleinert.

Pressung:

Unmittelbar danach wird mittels hydraulischer Obstpresse, früher mittels Baumpresse, die Pulpe von jedem Produzenten selbst gepresst, um eine Oxidation und/oder einen Befall von Mikroorganismen zu verhindern und somit die Qualität des Endproduktes zu steigern.

Vergärung:

Die Maische wird in Holzfässer vergoren. Durch Hefezusatz wird versucht eine rasche und kontrollierte Gärung zu erreichen. Die Bauern verwenden unterschiedliche Hefestämme, um bestimmte geschmackliche Eigenschaften ihres Apfelweines hervorzuheben.

Der Gärprozess dauert 6 bis 8 Wochen. Danach wird der Most vom „Lager" (= Hefereste) abgezogen, um einen raschen Säureabbau zu vermeiden.
Anschließend wird Sulfit hinzuzugeben und anschließend wird der Most geschönt bevor er filtriert wird.

Das Verwenden von Farbmitteln und anderen Fremdzusätzen ist nicht erlaubt. Der Apfelwein wird nicht pasteurisiert.

Abfüllung und Etikettierung:

Der Apfelwein wird entweder bei den Produzenten selbst abgefüllt und etikettiert oder in der gemeinschaftlichen Abfüll- und Etikettieranlage im Kompetenzzentrum Zogglhof.

Jeder Produzent hat sein eigenes Etikett. Bei gemeinschaftlicher Vermarktung gibt es ein einheitliches Etikett, auf dem die Bezeichnungen „Lavanttaler Apfelwein“ und „Mostbarkeiten“ ausgewiesen sind.

Apfelweinbeschreibung:

Der Apfelwein ist nach der Filtration goldgelb bis bernsteinfarbig. Die Farbe ist von der verwendeten Apfelsorte und deren Reifezustand abhängig.

Der Lavanttaler Apfelwein verfügt über eine breite Aromenpalette, einen typischen Geschmack, der von den zahlreichen unterschiedlichen, heimischen Apfelsorten abhängig ist. Der Geschmack des Lavanttaler Apfelweines reicht von mild über lieblich bis kräftig. Die natürliche Apfelsäure gibt dem Most einen fruchtigen und erfrischenden Ton.

Der Alkoholgehalt ist vom Reifezustand des Obstes abhängig und beträgt durchschnittlich 6 bis 7,5 Volumenprozent.

Jährlich werden etwa 900.000 Liter Lavanttaler Apfelwein produziert.

Produktionsrichtlinien und Qualitätskontrolle:

Dem Lavanttaler Apfelwein liegen einerseits die Produktionskriterien für Obstwein laut Österreichischem Weingesetz 2009 und andererseits die Qualitätskriterien des Vereins Mostbarkeiten zugrunde. Dabei werden die Produkte im Rahmen der internationalen Alpen-Adria Verkostung, die jährlich vom Verein Mostbarkeiten initiiert wird, kontrolliert.
Die Jury setzt sich aus anerkannten Experten zusammen. Diese untersuchen die Produkte hinsichtlich Geschmack, Aussehen, Farbe und Geruch und vergeben Gold-, Silber- und Bronzemedaillen.

Zusätzlich machen Apfelweinproduzenten Vergleichsproben ihrer Produkte mit am Zogglhof vorhandenen perfekten Obstweinen.

Circa 90 Prozent der Apfelanbaufläche werden nach den Vorgaben der Integrierten Produktion (IP) Richtlinien im Rahmen des Österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) bewirtschaftet.

Vermarktung:

Die Vermarktung des Lavanttaler Apfelweines erfolgt über den Verein Mostbarkeiten sowie über Direktvermarktung, Bauernläden, Lebensmitteleinzelhandel und über Gastronomiebetriebe.
Die Vermarktung wird gefördert durch die Mostbarkeitenmesse, die am ersten Maiwochenende stattfindet. Lavanttaler Apfelwein ist ganzjährig verfügbar.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Spezielle Böden und illyrische Klimaverhältnisse in der Region ermöglichen Obstbau in Streuobstanlagen.
  • Ausgeprägte Bodenständigkeit: Die Erzeuger achten darauf Apfelsorten zur Vermehrung zu verwenden, welche an die natürliche Umgebung und die klimatischen Bedingungen angepasst sind.
  • Lavanttaler Apfelwein umfasst Most aus lokalen, alten Apfelsorten und modernen Sorten.
  • Dank der Kulturart und besonderen geographischen Verhältnisse kann Apfelwein erzeugt werden, der hinsichtlich Geschmack Besonderes bietet.
  • Der einzigartige Geschmack und das Aroma des Lavanttaler Apfelwein stehen in direkter Beziehung zum feuchten und milden Klima in der Region und zur Vielfalt an Apfelsorten.
  • Die Erzeugung von Lavanttaler Apfelwein ist das Ergebnis des Traditionellen Wissens, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Obstbauern (Anpassung der Erziehungsform an die Gegebenheiten der Umwelt, Auswahl von Lokalsorten, Know-how des Ernteverfahrens), Erfahrung der Apfelweinhersteller sowie Erfahrung der Aufkäufer und Einzelverkäufer in der Vermarktung.

Verwertung:

Lavanttaler Apfelwein wird sowohl sortenrein als auch aus gemischten Apfelsorten hergestellt.
Als „Apfelwein“ wird in der Region sortenreiner Most bezeichnet.

Weitere Produkte sind Apfelsaft (klar und naturtrüb), Mehrfruchtsäfte, Apfelschaumwein, Edelbrände (Lavanttaler Bananenapfel), sowie hochqualitative Apfelessige und Glühmost.

Schutz:

Die Bezeichnung „Mostbarkeiten“ ist eine beim Österreichischen Patentamt geschützte Wort- Bild- Marke.

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Region, Kärnten, Lavanttal, Apfelwein, Apfelwein, Lavanttaler Apfelwein, Obstwein

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 03.01.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Verein Mostbarkeiten
Martina Kopp
Hundsdorf 2
9470 St. Paul

info@mostbarkeiten.at

Autoren

Daniela Trenker M.A., Mag. Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus

Weiterführende Informationen