Weinviertler Erdäpfel

frische Erdaepfeln
Foto: ÖkR Rauchberger Edmund

Seit Jahrhunderten traditioneller Anbau von Erdäpfeln im Weinviertel, Niederösterreich.

Registernummer: 80

Offenlegungsdatum

Im Jahr 1761 wurden Erdäpfel durch Pfarrer Eberhart Jungblut in die Region Weinviertel eingeführt.

Titel

Weinviertler Erdäpfel

Kurzdarstellung oder Behauptung

Seit Jahrhunderten traditioneller Anbau von Erdäpfeln im Weinviertel, Niederösterreich. Besondere Boden- und klimatische Verhältnisse in der Region Weinviertel bewirken im Zusammenspiel mit den Anbauverfahren, der Reife bei der Ernte und den Lagerungsbedingungen Erdäpfel von höchster Qualität mit charakteristischem Erscheinungsbild und Geschmack.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Erdäpfel, Gemüse

Name der Region

Weinviertel, Niederösterreich, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Edmund Rauchberger
2020 Hollabrunn

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Landwirte in der Region Weinviertel
Erzeugergemeinschaft Bauernerdäpfelverkaufs GmbH
Frisch & Frost Nahrungsmittel GmbH

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Die Kartoffel entstammt dem Gebiet der Anden und wurde vermutlich vor etwa 7.000 Jahren zuerst in Peru kultiviert. 1536 brachte der Eroberer Pizarro die Erdäpfel von Südamerika nach Spanien, von wo sie über ganz Europa verbreitet wurden.

Es wird angenommen, dass um 1620 Mönche im Garten des Klosters Seitenstetten (Mostviertel, Niederösterreich) erstmals Kartoffeln anbauten.

Kaiserin Maria Theresia (1740 bis 1780) förderte den Anbau von Kartoffeln. Die verstärkte Akzeptanz von Erdäpfeln als Nahrungsmittel zeigte sich im sogenannten „Kartoffelkrieg“ (1778 bis 1779), wo Preußische und Österreichische Truppen die Erdäpfel der Feinde ausgruben, um den Feinden die Nahrungszufuhr vorzuenthalten.

1761 machte Eberhart Jungblut, ein luxemburgischer Pfarrer, welcher in Prinzendorf bei Mistelbach lebte, die Kartoffel im Weinviertel bekannt, indem er sich Samen aus seiner Heimat bringen ließ. In den Hungerjahren 1772/73 konnte durch den Anbau von Kartoffeln die schlimmste Not in seiner Pfarre gelindert werden. Zu Ehren von Pfarrer Jungblut (1795) ließ man 1834 an der Kirchenmauer ein "Erdäpfel-Denkmal" errichten.

Mitte des 19. Jahrhundert zerstörte die Kraut- und Knollenfäule, verursacht durch Phytophthora infestans, einen Großteil des Erdäpfelanbaus. 1874 wurde der Kartoffelkäfer zur größten Pest in der europäischen Kartoffelproduktion. Diese zwei Katastrophen führten jedoch zur Züchtung widerstandsfähiger Sorten und zur Verbesserung von Pflanzenschutz und Pflegetechniken.

1990 wurde die Firma „Frisch & Frost GmbH“ gegründet. Die Wurzeln des Unternehmens gehen zurück auf die 1966 gegründete „Kartoffelverwertung Hollabrunn“. In diesem Jahr wurden die Grundsteine für den Vertragsanbau für Erdäpfeln im Weinviertel gelegt. 1999 wurde die „Erzeugergemeinschaft Bauernerdäpfelverkaufs GmbH“ in Hollabrunn, Weinviertel gegründet.

Heute betrifft der Vertragsanbau „Weinviertler Erdäpfel“ einerseits frische Speisekartoffeln und andererseits Speiseindustriekartoffeln für tiefgekühlte und gekühlte Produkte.

Gebiet/ Region:

Das hügelige Weinviertel liegt im Nordosten Niederösterreichs. Der Name „Weinviertel“ ist seit etwa einem Jahrhundert gebräuchlich. Im Osten grenzt das Weinviertel mit dem Fluss March an die Slowakei, im Norden an Böhmen (Tschechien). Im Süden bilden der Wagram, die Donau und das Marchfeld die Grenze zum Mostviertel und Industrieviertel. Im Westen stellt der Manhartsberg die Abgrenzung zum Waldviertel dar. Das Weinviertel umfasst die Bezirke Gänserndorf, Hollabrunn, Korneuburg und Mistelbach und kleine Teile der Bezirke Tulln, Horn, Krems-Land und Wien-Umgebung.

Das Zentrum der Weinviertler Erdäpfel ist die Region „Land um Hollabrunn“. Das Anbaugebiet erstreckt sich jedoch prinzipiell über das gesamte Weinviertel.

Geschätzte 750 bäuerliche Betriebe produzieren für die Bezeichnung „Weinviertler Erdäpfel“

Boden- und Klimaverhältnisse:

Die Bodentypen in der Region Weinviertel sind auf Grund des großen Gebietes sehr unterschiedlich. Es dominieren Löss-, Lehm-, Urgestein- und Schwarzerdeböden. Die Böden, auf denen Erdäpfel angebaut werden, sind im Allgemeinen leicht, sandig-lehmig, nährstoffreich und nicht allzu feucht. Die besten Bedingungen für Entwicklung und den Anbau bringen die nicht zu schweren Lehmböden und ihre abgewandelten Braunerden. Die Böden sollten keine Steine aufweisen, um zu verhindern, dass die Kartoffelschale beschädigt wird.

Das Klima ist kontinental mit pannonischem Einfluss im äußersten Osten. Die Sommer sind überwiegend heiß und trocken; die Winter kalt, schneearm und frostreich. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei 10,4 Grad Celsius. Der jährliche Niederschlag ist gering, zwischen 500 und 600 Millimeter. Das trockene Klima verhindert zwar hohe Kartoffelerträge, bietet jedoch ideale Bedingungen für Qualitätserdäpfel von gutem Ruf. Insider sprechen vom besten Anbaugebiet für Qualitätskartoffel in Europa.

Anbau und Produktion:

Im Kontext mit dem AMA Gütesiegel beziehungsweise Global G.A.P. Standard und interner Richtlinien gelten folgende Kriterien für Weinviertler Erdäpfel:

Erdäpfel sind Knollen der mehrjährigen Pflanze Solanum tuberosum L. aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Zur Erzeugung von Weinviertler Erdäpfel werden besonders gut angepasste Sorten verwendet. Es sind nur zertifizierte Samen erlaubt. Die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut ist nicht erlaubt. Im Erntejahr 2023 sind die Hauptsorten für den Speiseerdäpfel-Frischmarkt Valdivia, Bernina, Lea, Ditta, Belmonda, Madeira, Karelia, Sunita, Meireska. Im Verarbeitungsbereich haben die Sorten keine so aktuelle Bedeutung.

Weinviertler Erdäpfel werden im Frühjahr gepflanzt, meistens Ende März bis Mitte April. Die Saatknollen werden entsprechend konditioniert, damit sie nach dem Legen rasch aus dem Boden treiben. Nachdem der Boden aufgewärmt ist, erfolgen in einem Arbeitsgang die Vorbereitung des Pflanzbeetes, die Formung der Furchen, das Legen der Knollen und das Zudecken. Der Abstand zwischen den Furchen beträgt standardmäßig 75 Zentimeter. Je nach Sorte werden 30.000 bis 38.000 Pflanzenstellen pro Hektar angelegt, was einen Ertrag von 20 bis 55 Tonnen pro Hektar bringt. Die Industriesorten liegen im oberen Bereich der Ertragserwartung, die Speiseerdäpfel eher im unteren.

Für Speiseerdäpfel und Verarbeitungserdäpfel sind die Vorgaben des Österreichischen Programms zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL) einzuhalten. Bei Speiseerdäpfel sind nur jene Pflanzenschutzmittel zu verwenden, die nach Richtlinien des AMA Gütesiegels beziehungsweise Global G.A.P. Standard erlaubt sind. Für Verarbeitungserdäpfel wird die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln gemäß integrierter Produktion empfohlen.

Weinviertler Erdäpfel werden ausschließlich in der Region Weinviertel maschinell geerntet und händisch auf der Erntemaschine oder danach am Hof verlesen und gelagert. Die Erdäpfelernte erfolgt erst, wenn die Knollen reif und schalenfest sind und die Witterungs- und Bodenbedingungen im Herbst geeignet sind. Die Schonung der Knollen und die Sortenreinheit haben absolute Priorität bei der Ernte. Die Haupternte der Erdäpfel für die Langzeitlagerung ist ab Mitte August bis Ende September.

Die sorgfältige Lagerung der Erdäpfel erfolgt im eigenen Betrieb oder in regionalen Lagerhallen mit speziell dafür eingerichteten Lüftungssystemen. Chargen, die erst im darauffolgenden Jahr ab April ausgelagert bzw. verarbeitet werden, werden sehr aufwändig gekühlt und gelagert. Durch diese Kombination von Maßnahmen ist es möglich, Österreich ganzjährig mit hoher österreichischer Qualität zu versorgen.

Die Lagerung erfolgt grundsätzlich in Holzkisten mit 1 bis 1,5 Tonnen. Dadurch wird eine Druckbeschädigung verhindert und die Erdäpfel können über den Winter gelagert werden. Außerdem ist die Rückverfolgbarkeit bis aufs Feld durch die bäuerlichen Strukturen gegeben. Die Kisten sind mit Namen des Produzenten, Feldname, Erntedatum, Lieferdatum und Kartoffelsorte beschriftet.

Nach der Auslagerung werden die Erdäpfel händisch nach Größe, Aussehen und Qualität verlesen. Danach werden die Erdäpfel in kleinen Verkaufseinheiten von bis zu drei Kilogramm verpackt. Für Direktvermarktung können auch größere Einheiten verwendet werden.

In der Speiseindustrie erfolgt nach dem Auslagern und Sortieren die Verarbeitung zu Pommes und anderen Kartoffelprodukten.

Qualitätskontrolle:

Alle Vertragslandwirte werden jährlich durch eine kostenpflichtige externe Vor-Ort-Kontrolle überprüft

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen

  • Spezielle Produktionsmethoden und geografische Bedingungen ermöglichen die Produktion von Erdäpfeln, die hinsichtlich Geschmack Besonderes bieten. Durch Exkursionen in andere Länder, Schulungen und einschlägige Fachliteratur werden die Vertragslandwirte über Verbesserungsmöglichkeiten laufend informiert.
  • Die Erzeugung von Weinviertler Erdäpfel ist das Ergebnis des Traditionellen Wissens, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Erdäpfelbauern (Anpassung der Produktion an die Gegebenheiten der Umwelt, Auswahl von Sorten, Vertragsanbau) und der Erfahrung der Aufkäufer und Einzelverkäufer in der Vermarktung und Wissen um die Verarbeitung von Kartoffeln zu Convenience-Produkten.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Niederösterreich, Region, Weinviertel, Erdäpfel, Kartoffel, Solanum tuberosum L, Weinviertler Erdäpfel

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 07. August 2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Edmund Rauchberger
Aspersdorf 54
2020 Hollabrunn
Telefon: +43 2952 2967
E-Mail: weinviertler@erdaepfelhof-rauchberger.at

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus überarbeitet von Edmund Rauchberger